Montag, 16. Dezember 2013
Ausgebremst
Wie ist das, die Macht über seinen Körper zu verlieren? Normalerweise folgt dem Gedanken die Tat auf dem Fuße. Man denkt, ich geh jetzt mal dort hin und dann geht man einfach dorthin. Es geht aber auch anders wie ich heute erfahren musste. Diese Erkenntnis war genauso erschreckend wie verblüffend. Ich befahl meinen Beinen sich zu bewegen, der erste Schritt begann und wurde plötzlich jäh unterbrochen. Irgendetwas stoppte meine Beine. Und das Erschreckende daran war, dass ich den Befehl dazu definitiv nicht gegeben hatte! Heraus kam für den außenstehenden Betrachter eine Bewegung, die halb nach Stolpern, halb nach Slapstick ausgesehen haben dürfte. Der Person in meiner Nähe, die vermutlich Auslöser dafür war, entfuhr ein „Hoppla“. Vor eigener Verblüffung konnte ich darauf ebenso wenig reagieren wie zuvor auf die abgebrochene Bewegung.
Ich hatte schon angedeutet, dass ich eine Person verdächtige, der Auslöser für diese eigenartige Situation gewesen zu sein. Der Frau, die „Hoppla“ sagte, begegne ich häufig, da sie in einer Gastwirtschaft arbeitet, in der ich mittags einzukehren pflege. Ich hatte einmal den Versuch unternommen, mit der sympathischen Frau etwas zu flirten, doch als ich sie schließlich zu einem Kaffee einzuladen versuchte, verpasste sie mir eine glatte Abfuhr. Diese von mir keinesfalls erwartete Reaktion hatte mich damals schockiert. Natürlich bleibt einem in dieser Situation nichts anderes übrig, als den Tatsachen ins Auge zu blicken. Sympathie kann man nun mal nicht erzwingen. Nach außen hin war ich danach um einen distanzierten, normalen Umgang bemüht, was auch funktionierte, innerlich aber nagte diese, jetzt schon länger zurückliegende, Ablehnung latent weiter an mir.
Diese Bewegung, die ich bewusst begonnen hatte und die plötzlich völlig unerwartet und unbewusst von etwas Unheimlichem gestoppt wurde, hatte meines Erachtens damit zu tun, dass ich aus einer Drehbewegung heraus plötzlich besagte Frau schon recht nah wahrnahm wie sie mir entgegenkam und dabei den von mir geplanten Weg zu kreuzen beabsichtigte. Im Bruchteil einer Sekunde hatte ich entschieden, nicht zu warten bis sie an mir vorbeigelaufen war sondern vor ihr schnell den von mir beabsichtigten Weg zu beschreiten. Ich hätte dies auch problemlos geschafft, wenn mich nicht irgendetwas abrupt daran gehindert hätte. In diesem Moment muss meine Psyche eingegriffen und mich ausgebremst haben. Anders kann ich mir das Ganze nicht erklären.



Donnerstag, 5. Mai 2011
Der Flug (ch)
Eine Stunde und zehn Minuten saß ich im A320 neben einer hübschen Frau.
Als ich von meinem Platz am Gang aufgestanden war, damit sie sich auf ihren Platz am Fenster setzen konnte, und sie mein Lächeln mit einem eigenen Lächeln quittiert hatte, war mir klar, dass sie sich darüber freute, dass der Zufall sie auf meinen Nachbarsitz geführt hatte. Es dauerte auch nicht lange bis sie mich noch etwas verstohlen von der Seite betrachtete.

Sie hatte an diesem Tag einfach Pech. Ich war am Morgen um 3:45 Uhr aufgestanden, um von Zürich nach Berlin zu einem Kunden zu fliegen, und als es abends um 19:15 Uhr zurück nach Zürich ging, war ich müde und auch etwas frustriert darüber, dass ich die vergangene kurze Nacht schlecht geschlafen und der Arbeitstag einige böse Überraschungen offenbart hatte, was zwangsläufig Stress bedeutete. Außerdem gibt es eine andere Frau, an der mein Herz hängt.

Ich war daher nicht in der Stimmung, mich auf ein Gespräch einzulassen und darauf, Frauen schöne Augen zu machen, stehe ich sowieso nicht, weil man am Ende mit einem unbefriedigenden Gefühl auseinander geht. Indem ich in dem Buch „Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins“ las, was schon an sich ein ungewöhnlicher Anblick für einen Anzugträger ist, versuchte ich die Müdigkeit zu verscheuchen und ihr zu demonstrieren, dass eine hübsche Frau neben mir sitzen kann, ohne befürchten zu müssen, angeglotzt oder angebaggert zu werden. So etwas kann schließlich auch lästig sein, zumal wenn es durch einen wenig einfühlsamen Mann passiert. Die Sorte Mann, die ungeniert jeder hübschen Frau hinterherglotzt, ist meiner Beobachtung nach weit verbreitet. Vielleicht täusche ich mich ja und Frauen gefällt es trotzdem besser als nicht beachtet zu werden.

Selbstbewusste, sich ihrer Wirkung sichere Frauen, verstehen sich darauf, einen Mann scheinbar heimlich zu betrachten und sich dabei sehr wohl darüber im Klaren zu sein, dass dem Mann diese Blicke nicht völlig verborgen bleiben können, was letztlich einer Aufforderung gleich kommt.
Nach der Landung , nachdem sie mich während des Fluges mehrmals ausgiebig betrachtet und ich so getan hatte, als würde ich es nicht bemerken oder es mir gleichgültig sein, war deutlich zu spüren, dass sie gleichzeitig fasziniert, abgestossen, verblüfft und verwirrt war. Eine Frau, die gewohnt ist, dass bewundernde Blicke jeden ihrer Schritte verfolgen, wird von mir einfach nicht beachtet!

Ein wenig musste ich innerlich schmunzeln, ein bisschen tat sie mir leid und ein bisschen tat am Ende auch ich mir leid. Ihr Selbstbewusstsein bekommt davon hoffentlich keinen Knacks. Sie ist nämlich wirklich hübsch.



Donnerstag, 2. Dezember 2010
Schade
Ich komme gerade vom Mittagessen mit meinem Kunden aus der Kantine zurück und wir sind gerade vor der Tür zum Büro angekommen, als eine Frau vorbeikommt und grüßt. Ich nehme gerade noch wahr, dass es eine hübsche Blondine ist. Wir erwidern den Gruß und betreten das Büro. Ich habe gerade meinen Mantel abgelegt, als sich die Tür wieder öffnet und die eben gesehene Blondine das Zimmer betritt. Sie eröffnet meinem Kunden wortreich, dass wir eingeladen seien, am Muffins-Essen teilzunehmen. Den genauen Grund für diese Einladung bekomme ich nicht mit, weil ich nicht so genau hinhöre. Ich bin zu sehr damit beschäftigt sie zu betrachten. Zu mir linst sie dabei nur hin und wieder kurz verstohlen herüber. Wir bedanken uns für die Einladung und mein Kunde versichert, dass wir uns das nicht entgehen lassen würden.
Leider war das nur eine Floskel meines Kunden und schnell wieder vergessen. Er ist wohl der Meinung, dass ich für das viele Geld, das ich im Auftrag meines Arbeitgebers seinem Arbeitgeber abknöpfe, gefälligst zu arbeiten habe. Schade, ich hätte gerne die Bekanntschaft dieser geheimnisvollen Blondine gemacht.